Grundstücke sind häufig mit Rechten belastet oder sind begünstigt von einem Recht auf einem anderen Grundstück. Diese Rechte können dinglich gesichert sein durch einen Eintrag im Grundbuch, sind aber auch ohne Eintragung im Grundbuch existent, wenn sie auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruhen oder wie das Notwegerecht durch eine gesetzliche Regelung geschaffen werden.
Bei der Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken müssen alle Einflüsse auf das Grundstück berücksichtigt werden. Hierzu gehören insbesondere Situationen, die sich aus besonderen rechtlichen Vorgaben durch Gesetze und Rechtsverordnungen, vertragliche Vereinbarungen mit Nachbarn oder anderen natürlichen oder juristischen Personen oder historisch gewachsenen Tatbeständen ergeben. In den folgenden Abschnitten werden einige der Sonderfälle der Wertermittlung erläutert.
Die Vielfalt der individuellen Situation eines Grundstücks ist aber so groß, dass nur für eine Reihe von Fällen Beispiele und Lösungen angegeben werden können. Die Verkehrswertermittlung hat aber alle möglichen Situationen zu berücksichtigen und dabei besonders auf eine Häufung mehrerer der Einflüsse zu achten.
Mit zu den wesentlichen
Merkmalen eines Grundstücks, die im Rahmen einer Wertermittlung beachtet werden
müssen, gehören selbstverständlich auch die rechtlichen Belastungen, die im
Grundbuch gesichert sein können, aber nicht müssen. So können Eintragungen im
Baulastenverzeichnis wertrelevant sein, aber auch privatrechtliche
Vereinbarungen in einem Vertrag (notariell beglaubigt oder nicht) wirken sich
auf den Grundstückswert aus; auch Inhalte von Testamenten können wertrelevant
sein.
Das Grundbuch als verbindliches Grundstücksverzeichnis für jeden Teil der Bundesrepublik Deutschland definiert nicht nur das Grundstück und dessen Eigentümer, sondern registriert in der Abteilung II des Verzeichnisses auch alle rechtlichen Belastungen, die auf dem Grundstück liegen und im Grundbuch eingetragen sind. Die Abteilung III des Grundbuchs gibt dagegen die finanziellen Belastungen an, die in der Regel als Grundschuld oder Hypothek auf dem Grundstück ruhen. Im Bestandsverzeichnis findet sich nicht nur die Lagebezeichnung des Grundstücks, sondern auch Hinweise auf die Nutzungsart. Es ist darauf zu achten, dass diese Nutzungsartenangaben nicht vom Grundbuchamt (Sitz: beim zuständigen Amtsgericht) fortgeführt werden und in der Regel historisch sind und keine Beziehung zur realen Nutzung haben. Als Grundslage einer Wertermittlung sind sie nicht geeignet. Das Grundbuch definiert aber das Grundstück durch seine Angaben der Registratur im Grundbuch als
- Grundbuchbezirk
- Blatt des Grundbuchs und
- der laufenden Nummer der Eintragung im Bestandsverzeichnis.
Die örtliche Lage des
Grundstücks wird durch die Angaben des Liegenschaftskatasters sichergestellt,
die in der Regel als Gemarkung, Flur, Flurstück und der Flurstücksfläche erfolgen.
Durch die Grundbuchordnung ist
vorgeschrieben, dass Grundbuch und Kataster immer den gleichen Inhalt haben
müssen, was zu einem gegenseitigen Informationssystem zwischen den beiden
Behörden geführt hat. Die Angaben des Grundbuchs
stehen unter dem gesetzlichen Zwang des öffentlichen Glaubens. Dadurch
kann sich jedermann auf die wesentlichen Angaben des Grundbuchs verlassen, da sie von Gesetz
her immer richtig sind. Dadurch werden Fehler natürlich nicht ausgeschlossen,
doch jedermann darf glauben und darauf vertrauen, dass die Angaben richtig
sind. Dieser öffentliche Glaube gilt nicht für die Angaben zum Katasternachweis
und zur Fläche, da in diesem Fall der öffentliche Glaube beim Liegenschaftskataster
vorhanden ist und das Grundbuch die gleichen Angaben nur nachrichtlich führt. Es gibt keinen Zwang alle
rechtlichen Belastungen im Grundbuch einzutragen, was zur Folge hat, dass viele
rechtliche Belastungen auf andere Art gesichert werden. Der Aufwand für eine
Grundbucheintragung ist groß und kostenintensiv, da immer ein Notar
einzuschalten ist und Gebühren anfallen. Besondere öffentliche Belastungen können im
Baulastenverzeichnis der öffentlichen Verwaltung eingetragen sein. Hierbei
handelt es sich um öffentlich-rechtliche Belastungen, die für die Sicherung der öffentlich-rechtlichen Auflagen
notwendig sind. So kann im Rahmen einer Baugenehmigung festgestellt werden,
dass die notwendigen Abstandsflächen auf einem Nachbargrundstück liegen, was zu
entsprechenden Eintragungen auf dem belasteten und dem herrschenden Grundstück
führt. Das Baulastenverzeichnis
wird in der Regel bei der Bauaufsichtsbehörde geführt, soweit es in der Landesbauordnung
eingeführt ist. Bayern und Brandenburg haben ein solches Verzeichnis
nicht eingeführt oder haben es wieder abgeschafft. In diesen Ländern gibt es kein
Baulastenverzeichnis, alle rechtlichen Sicherungen können nur im Grundbuch
erfolgen. Zur Eintragung in das Baulastenverzeichnis wird kein Notar benötigt,
dafür reicht ein Verwaltungsakt aus, der aber nicht auf Wunsch des Eigentümers
durchgeführt wird, sondern immer im Ermessen der Behörde liegt. Das Baulastenverzeichnis
kann auch von der Behörde geändert oder korrigiert werden, ohne das der
Eigentümer des betroffenen Grundstücks zustimmen muss. Privatrechtliche
Vereinbarungen sind im Baulastenverzeichnis unzulässig. Neben diesen Verzeichnissen
können Rechte und Belastungen an einem Grundstück entstehen, die durch Verträge
oder Vereinbarungen zwischen den Nachbarn, Nutzern und Eigentümer oder
anderen Personen entstehen. Für die Wertermittlung eines Grundstücks können
solche Rechte bedeutend sein. Da sie sich nicht in einem Verzeichnis finden
lassen, ist hier nur die Auskunft durch die betroffenen Personen, meistens der
Eigentümer des Grundstücks, möglich. Nicht mitgeteilte Rechte und
Verpflichtungen könne dann auch nicht in einer Wertermittlung berücksichtigt
werden. Weitere rechtliche Einflüsse
ergeben sich durch die allgemeinen Gesetze und die besonderen rechtlichen
Bedingungen aus Bebauungsplänen, kommunalen Satzungen oder anderen
vergleichbaren Vorschriften, über die bei einer Wertermittlung entsprechende
Analysen durchzuführen sind. Die Feststellung der
rechtlichen Belastungen ist nicht immer einfach, wenn es sich nicht um
gesicherte Grundlagen handelt. Ohne Berücksichtigung müssen alle Belastungen
bleiben, die nicht belegbar sind. Ein Grundstückswertermittler kann auch nicht
Fragen des Erbrechts lösen oder auf die Suche nach verschwundenen Dokumenten
gehen. Die Grenzen eines Wertermittlungsgutachtens sind dann erreicht. Als
Maßstab kann nur der gewöhnliche Geschäftsverkehr dienen, der auch nicht
umfangreiche Untersuchungen durchführen lässt, sondern eher das Risiko einer
eventuellen Belastung im Verkehrswert berücksichtigt. Besondere Rechte Dritter
an einem Grundstück haben in der Regel Einfluss auf den Wert eines Grundstücks.
Durch das Recht eines anderen an einem Grundstück können Werterhöhungen und
–minderungen eintreten, die bei der Wertermittlung zu beachten und zu bewerten
sind. Der Katalog der möglichen Rechte an einem Grundstück ist umfangreich und
wohl kaum vollständig darzustellen. Nicht alle diese Rechte haben auch einen
Einfluss auf den Verkehrswert. Entscheidend ist immer die Auffassung des
gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, der die Einflüsse auf den Wert eines
Grundstücks beurteilt. Grundsätzlich
wertbeeinflussend können alle Rechte und Belastungen sein, die privatrechtlich
oder öffentlich-rechtlich vereinbart oder gesichert sind. Hierzu gehören alle
Dienstbarkeiten, Nutzungsrechte, Baulasten und andere dingliche Rechte und
Belastungen. Die Möglichkeiten der Dienstbarkeiten können Wegerechte,
Leitungsrechte für alle möglichen Formen von Leitungen, Fensterrechte und auch
Formen der Bauverbote oder Nutzungsverbote sein. Ihre Bedeutung für die
Wertermittlung kann erheblich sein, soweit in die übliche Nutzung eines Grundstücks
eingegriffen wird. So kann ein Bauverbot eine wirtschaftliche Nutzung
verhindern und den Grundstückswert auf einen kleinen Prozentsatz des sonstigen
Wertes reduzieren. Einschränkungen in der Nutzung können aber auch nur mit
kleinen Anteilen bewertet werden. So ist die Situation bei einem Weg auf dem
Grundstück, der auch von benachbarten Anliegern mitgenutzt werden darf oder
muss, wie es beispielsweise bei Hinterlandgrundstücken der Fall ist. In jedem Einzelfall ist zu
prüfen, ob eine solche Belastung sich auf den Verkehrswert auswirkt, und wenn
ja, in welchem Maße das geschieht. Hier ist immer die Auffassung des
gewöhnlichen Grundstücksverkehrs entscheidend. Die Rechte an Grundstücken
oder Teilen davon sind im BGB geregelt, wobei viele Details der Rechte wie
Dauer, Umfang, Entgelte oder aufschiebende Bedingungen im zwischen den
Vertragspartnern oder mit den öffentlich-rechtlichen Stellen gestaltet werden
müssen. Die Einteilung der Rechte erfolgt in verschiedene Gruppen. Rechte könne zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich
begründet werden; keine Eintragungspflicht im Grundbuch oder Baulastenverzeichnis; müssen bei jeder Wertermittlung beachtet werden, sind nicht immer wertrelevant, zwischen herrschendem und dienendem Grundstück ist zu unterscheiden Gruppe der Rechte Eigenschaften dieser Rechte Bei der Wertermittlung
zu beachtengrundstücksgleiche
Rechte Rechte können wie ein Grundstück veräußert oder beliehen werden;
Rechte werden in eigenem Verzeichnis registriert (z.B. Wohnungsgrundbuch für Wohneigentum; die Rechte können selbstständig bewertet werden;
eigene Methoden zur WertermittlungEigentumsrechte Recht auf das Eigentum an einem Grundstück (z.B.
Miteigentum) Bei vollständigem Eigentum ist der Wert der Verkehrswert, bei Teileigentum
muss genau ermittelt werden, wie Anteile beim Erwerb oder Verkauf gehandelt
werden. Beschränkungen des
EigentumsRechte schränken die Verfügungsgewalt auf einem
Grundstück ein;
In der folgenden Tabelle sind die häufigsten Rechte an einem Grundstück zusammengestellt und ihre Auswirkungen auf den Wert des Grundstücks dargestellt.
Recht Gestaltung des Rechts Wirkung auf den Grundstückswert Leitungsrecht Ein Dritter darf über ein Grundstück eine Leitung führen, die oberirdisch,
unter der Erde oder auf der Erde liegen kann. Bei bestimmten Leitungen wie
Gas oder große Ölleitungen ist nicht nur die Fläche de Leitung, sondern auch
ein Sicherheitsabstand von den Wirkungen des Leitungsrechts betroffen.
Leitungsrechte finden sich im Grundbuch und im Baulastenverzeichnis in fast allen Fällen
wertmindernd Geh- und Fahrrecht, Wegerecht Zugunsten eines anderen Grundstücks wird gestattet, dass es über das
belastete Grundstück durch Gehen oder Fahren erreicht werden kann. Das Recht
dient zur Erschließung von Grundstücken, die nicht an den öffentlichen
Straßen angrenzen Für das belastete Grundstück wertmindernd, für das herrschende Grundstück
sehr stark werterhöhend, da ohne dem recht keine Erschließung vorhanden ist
und darum auch kein Bau genehmigt wird. Miet- und Pachtrechte Mit Miet- oder Pachtverträgen wird anderen die Nutzung des Grundstücks
oder Teilen davon gestattet Werterhöhend und –mindernd oder –neutral, hängt vom Einzelfall ab Erbbaurecht Befristete Erlaubnis auf dem Grundstück Gebäude im fremden Eigentum zu
errichten, die in einem eigenen Grundbuchteil gesichert sind
(Erbbaugrundbuch). Das Erbbaurecht kann beliehen oder verkauft werden. Der
Erbbaurechtsberechtigte zahlt einen bestimmten Erbbauzins an den
Grundstückseigentümer. Für das Grundstück wertmindernd Nießbrauchrecht Der Inhaber des Nießbrauchrechts erhält die „Früchte des Grundstücks“,
also die Miet- und Pachteinnahmen. Die Unterhaltung obliegt dem Grundstückseigentümer. Für das Grundstück wertmindernd Leiterrecht Dem Grundstückseigentümer ist es gestattet, auf dem belasteten
Grundstück eine Leiter an sein Grundstück anzulehnen, um z.B. Reparaturen
oder Modernisierungen vornehmen zu können wertneutral Fensterrecht Dem Grundstückseigentümer wird gestattet, in einer Wand entlang der
Grundstücksgrenze Fenster anzubringen Werterhöhung für das herrschende Grundstück möglich, für das belastete
Grundstück wertmindernd Wohnrecht Jemandem wird das Recht zum Wohnen mit oder ohne Entgelt und befristet
oder unbefristet gewährt fallbezogen Aussichtsrecht Verhinderung einer Bebauung auf dem Nachbargrundstück für das herrschende Grundstück werterhöhend, für das belastete Grundstück
wertmindernd